Lustige Hochzeitsgedichte
01./ »
Dies ist ein Sonntag vormittag; wir lehnen so zum Spaße leicht ermüdet zum Fenster hinaus und sehen auf die Straße. Die Sonne scheint. Das Leben rinnt. Ein kleiner Hund, ein dickes Kind ... Wir haben uns gefunden für Tage, Wochen, Monate und für Stunden – für Stunden. Ich, der Mann, denke mir nichts. Heut kann ich zu Hause bleiben, heute geh ich nicht ins Büro – ... an die Steuer muß ich noch schreiben ... Wieviel Uhr? Ich weiß nicht genau. Sie ist zu mir wie eine Frau, ich fühl mich ihr verbunden für Tage, Wochen, Monate und für Stunden – für Stunden. Ich, die Frau, bin gern bei ihm. Von Heiraten wird nicht gesprochen. Aber eines Tages will ich ihn mir ganz und gar unterjochen. Die Dicke, daneben auf ihrem Balkon, gibt ihrem Kinde einen Bonbon und spielt mit ihren Hunden ... So soll mein Leben auch einmal sein – und nicht nur für Stunden – für Stunden. Von Kopf zu Kopf umfließt uns ein Strom; noch sind wir ein Abenteuer. Eines Tages trennen wir uns, eine andere kommt ... ein neuer ... Oder wir bleiben für immer zusammen; dann erlöschen die großen Flammen, Gewohnheit wird, was Liebe war. Und nur in seltenen Sekunden blitzt Erinnerung auf an ein schönes Jahr, und an Stunden – an glückliche Stunden. «
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02./ »
Als sie einander acht Jahre kannten (und man darf sagen sie kannten sich gut), kam ihre Liebe plötzlich abhanden. Wie andern Leuten ein Stock oder Hut. Sie waren traurig, betrugen sich heiter, versuchten Küsse, als ob nichts sei, und sahen sich an und wussten nicht weiter. Da weinte sie schliesslich. Und er stand dabei. Vom Fenster aus konnte man Schiffen winken. Er sagt, es wäre schon Viertel nach vier und Zeit, irgendwo Kaffee zu trinken. Nebenan übte ein Mensch Klavier. Sie gingen ins kleinste Café am Ort und rührten in ihren Tassen. Am Abend sassen sie immer noch dort. Sie sassen allein, und sie sprachen kein Wort und konnten es einfach nicht fassen «
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03./ »
Sie war ein Blümlein hübsch und fein, Hell aufgeblüht im Sonnenschein. Er war ein junger Schmetterling, Der selig an der Blume hing. Oft kam ein Bienlein mit Gebrumm Und nascht und säuselt da herum. Oft kroch ein Käfer kribbelkrab Am hübschen Blümlein auf und ab. Ach Gott, wie das dem Schmetterling So schmerzlich durch die Seele ging. Doch was am meisten ihn entsetzt, Das Allerschlimmste kam zuletzt. Ein alter Esel frass die ganze Von ihm so heiss geliebte Pflanze. «
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04./ »
So sei das Band der keuschen Liebe, Verlobte Zwei, Vom Unbestand des Wechsels frei! Kein jäher Fall Noch Donnerknall Erschrecke die verliebten Triebe! «
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05./ »
Ich habe mich deinetwegen gewaschen und rasiert. Ich wollte mich zu dir legen mit einem Viertelchen, mit einem Achtelchen – Malwine! Doch du hast dich geziert. Der Kuckuck hat geschrien auf deiner Schwarzwalduhr. Ich lag vor deinen Knien: »Gib mir ein Viertelchen! Gib mir ein Achtelchen! Malwine! Ein kleines Stückchen nur!« Dein Bräutigam war prosaisch. Demselben hat gefehlt, dieweilen er mosaisch, ein kleines Viertelchen, ein kleines Achtelchen ... das hätt dich sehr gequält! Du hast mir nichts gegeben und sahst mich prüfend an. Das, was du brauchst im Leben, sei nicht ein Viertelchen, und nicht ein Achtelchen ... das sei ein ganzer Mann –! Mich hat das tief betroffen. Dein Blick hat mich gefragt ... Ich ließ die Frage offen und habe nichts gesagt. Daß wir uns nicht besaßen! So aalglatt war mein Kinn. Nun irr ich durch die Straßen ... Malwine –! und weine vor mich hin. «
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06./ »
Denn wir wollen uns nicht nur herzen sondern auch munden und hauten und haaren und armen und brüsten und bauchen und geschlechten und wieder handen und fußen «
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07./ »
Er Du gefällst mir so wohl, mein liebes Kind, Und wie wir hier beieinander sind, So möcht' ich nimmer scheiden; Da wär' es wohl uns beiden. Sie Gefall' ich dir, so gefällst du mir; Du sagst es frei, ich sag' es dir. Eh nun! heiraten wir eben! Das übrige wird sich geben. Er Heiraten, Engel, ist wunderlich Wort; Ich meint', da müßt' ich gleich wieder fort. Sie Was ist's denn so großes Leiden? Geht's nicht, so lassen wir uns scheiden. «
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08./ »
Der Käfer saß auf dem Zaun, betrübt; Er hat sich in eine Fliege verliebt. Du bist, o Fliege meiner Seele, Die Gattin, die ich auserwähle. Heirate mich und sei mir hold! Ich hab einen Bauch von eitel Gold. Mein Rücken ist eine wahre Pracht; Da flammt der Rubin, da glänzt der Smaragd. O daß ich eine Närrin wär! Ein'n Käfer nehm ich nimmermehr. Mich lockt nicht Gold, Rubin und Smaragd; Ich weiß, daß Reichtum nicht glücklich macht. Nach Idealen schwärmt mein Sinn, Weil ich eine stolze Fliege bin. - Der Käfer flog fort mit großem Grämen; Die Fliege ging ein Bad zu nehmen. Wo ist denn meine Magd, die Biene, Daß sie beim Waschen mich bediene; Daß sie mir streichle die feine Haut, Denn ich bin eines Käfers Braut. Wahrhaftig, ich mach eine große Partie; Viel schöneren Käfer gab es nie. Sein Rücken ist eine wahre Pracht; Da flammt der Rubin, da glänzt der Smaragd. Sein Bauch ist gülden, hat noble Züge; Vor Neid wird bersten gar manche Schmeißfliege. Spute dich, Bienchen, und frisier mich, Und schnüre die Taille und parfümier mich; Reib mich mit Rosenessenzen, und gieße Lavendelöl auf meine Füße, Damit ich gar nicht stinken tu, Wenn ich in des Bräutgams Armen ruh. Schon flirren heran die blauen Libellen, Und huldigen mir als Ehrenmamsellen. Sie winden mir in den Jungfernkranz Die weiße Blüte der Pomeranz. Viel Musikanten sind eingeladen, Auch Sängerinnen, vornehme Zikaden. Rohrdommel und Horniß, Bremse und Hummel, Die sollen trompeten und schlagen die Trummel; Sie sollen aufspielen zum Hochzeitfest - Schon kommen die bunt beflügelten Gäst, Schon kommt die Familie, geputzt und munter; Gemeine Insekten sind viele darunter. Heuschrecken und Wespen, Muhmen und Basen, Sie kommen heran - Die Trompeten blasen. Der Pastor Maulwurf im schwarzen Ornat, Da kommt er gleichfalls - es ist schon spat. Die Glocken läuten, bim-bam, bim-bam - Wo bleibt mein liebster Bräutigam? - - Bim-bam, bim-bam, klingt Glockengeläute, Der Bräutgam aber flog fort ins Weite. Die Glocken läuten, bim-bam, bim-bam - Wo bleibt mein liebster Bräutigam? Der Bräutigam hat unterdessen Auf einem fernen Misthaufen gesessen. Heinriche Dort blieb er sitzen sieben Jahr, Bis daß die Braut verfaulet war. «
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09./ »
Ein guter Abend, um Pflaumen zu schneiden, vorausgesetzt, es stimmt mit euch beiden. Man kann beim Entkernen Gefühle erleben, die schlichtweg erheben. Zum Beispiel das, nicht allein zu sein. Dann das Gefühl, zu zwein zu sein. Sowie die Gewißheit: Was immer ihr tut – Es wird gut. Ich rede jetzt nicht von der Marmelade. Wenn die danebengeht, ist es kein Schade. Auch meine ich keineswegs euer Verschränken. Daß das in Ordnung geht, will ich gern denken. Nein: Ich stell mir nur vor, wie ihr Pflaumen schneidet, wie ihr sorgsam die Kerne vom Fruchtfleisch scheidet und wie sich zwei Schalen nach und nach füllen mit Kernen und Hüllen. Solch Scheiden paarweis und stetig betrieben, steigert das Leben und fördert das Lieben, hindert das Meiden und mindert das Leiden, vorausgesetzt, es stimmt mit euch beiden. «
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10./ »
Ich ritzt’ es gern in alle Rüben ein, ich stampft’ es gern in jeden Pflasterstein, ich biss’ es gern in jeden Apfel rot, ich strich’ es gern auf jedes Butterbrot, auf Wand, Tisch, Boden, Fenster möcht’ ich’s schreiben: Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben! Ich schör’ es gern in jede Taxusheck, graviert’ es gern in jedes Essbesteck, ich sät’ es gern als lecker grüne Saat ins Gartenbeet mit Kohlkopf und Salat, in alle Marzipane möcht’ ich’s drücken und spicken gern in alle Hasenrücken und zuckerzäh auf alle Torten treiben: Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben! Ich möcht’ mir ziehn ein junges Känguruh, bis dass es spräch’ die Worte immerzu; zehn junge Kälbchen sollen froh sie brüllen; hell wiehern hundert buntgescheckte Füllen; trompeten eine Elefantenherde - ja, was nur kreucht und fleucht auf dieser Erde, das soll sie schmettern, pfeifen, quaken, bellen, bis dass es dröhnt in allen Trommelfellen mit einem Lärm, der gar nicht zu beschreiben Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben!!! «
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11./ »
Nirgends hin / als auff den Mund / da sinckts in deß Hertzens Grund. Nicht zu frey / nicht zu gezwungen / nicht mit gar zu fauler Zungen. Nicht zu wenig / nicht zu viel! Beydes wird sonst Kinder-spiel. Nicht zu laut / und nicht zu leise / Beyder Maß' ist rechte Weise. Nicht zu nahe / nicht zu weit. Diß macht Kummer / jenes Leid. Nicht zu trucken / nicht zu feuchte / wie Adonis Venus reichte. Nicht zu harte / nicht zu weich. Bald zugleich / bald nicht zugleich. Nicht zu langsam / nicht zu schnelle. Nicht ohn Unterscheid der Stelle. Halb gebissen / halb gehaucht. Halb die Lippen eingetaucht. Nicht ohn Unterscheid der Zeiten. Mehr alleine denn bei Leuten. Küsse nun ein Jedermann / wie er weiß / will / soll und kan . Ich nur und die Liebste wissen / wie wir uns recht sollen küssen. «
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12./ »
Ich habe dich so lieb! Ich würde dir ohne Bedenken eine Kachel aus meinem Ofen schenken. Ich habe dir nichts getan. Nun ist mir traurig zu Mut. An den Hängen der Eisenbahn leuchtet der Ginster so gut. Vorbei--verjährt-- doch nimmer vergessen. Ich reise. Alles, was lange währt, ist leise. Die Zeit entstellt alle Lebewesen. Ein Hund bellt. Er kann nicht lesen. Er kann nicht schreiben. Wir können nicht bleiben. Ich lache. Die Löcher sind die Hauptsache in einem Sieb. Ich habe dich so lieb. «
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